Geschäftsentwicklung in Frankreich
Mai 2021, STABNAU Business Development
Ihr Unternehmen ist bereits in Frankreich tätig. Nach den ersten Aufträgen und Erfolgen möchten Sie nun Ihren Umsatzvolumen in Frankreich, der zweitgrößten Wirtschaft Europas, nachhaltig steigern. Erfahren Sie in diesem Artikel worauf es ankommt.
Das französische Zeitverständnis
In Frankreich ticken die Uhren bekanntlich anders als in Deutschland und das im wahrsten Sinne des Wortes. Franzosen haben ein polychrones Zeitverständnis. Der Mensch steht an erster Stelle, für ihn wird sich Zeit genommen, denn die zwischenmenschlichen Beziehungen sind entscheidend. Dadurch kann es hin und wieder zu Zeitverzögerungen kommen. Eine fünfzehnminütige Verspätung ist in Frankreich normal und wird noch nicht als Verspätung angesehen. Aus deutscher Sicht mit monochronem Zeitverständnis ist hier Geduld und Toleranz gefragt.
Die Kommunikation ist indirekt
und legt einen besonderen Wert auf die Form, Konflikte werden soweit wie möglich in Frankreich vermieden. Nicht umsonst ist die französische Sprache seit Jahrhunderten weltweite Sprache der Diplomatie. Franzosen sind stolz auf ihre Sprache, Spiegel und Ausdruck ihrer Kultur. Mit international agierenden Unternehmen können in englischer Sprache Geschäfte abgeschlossen werden, wer aber einen nachhaltigen Erfolg und Geschäftsbeziehungen aufbauen möchte, kommt an der französischen Sprache nicht vorbei. Bei Geschäftsbeziehungen mit Endverbrauchern bzw. Privatpersonen (B2C) ist die französische Sprache Pflicht.
Zielgruppe: Kunden
Wörter sprachlich zu übersetzen haben nicht dieselbe Bedeutung von einem Kulturkreis in den anderen. So auch zwischen Deutschland und Frankreich. Bei jeder Kommunikation geht es darum seine Zielgruppe, seine Kunden zu erreichen. Eine deutsche sachliche Argumentation oder Werbung wird den Franzosen mit hoher Wahrscheinlichkeit emotional nicht begeistern. Die kulturelle Marktanpassung der Vertriebs- und Marketingstrategie sind für den Erfolg maßgebend. Die Unternehmensstrategie (Marketing Mix) muss sprachlich und vor allem kulturell angepasst werden, das Zweite wird sehr oft unterschätzt. Der goldene Mittelweg: so wenig wie möglich, so viel wie nötig zu verändern. Anders ausgedrückt: global denken und lokal handeln.
Das Preis-/Leistungsverhältnis in Frankreich
Das Preis-/Leistungsverhältnis heißt im französischen „rapport qualité/prix“ (Verhältnis Qualität/Preis). Wenn in Deutschland die Leistung im Verhältnis zum Preis betrachtet wird, wird in Frankreich der Preis im Verhältnis zur Qualität betrachtet. Der Käufer stellt sich die Frage: „Wieviel Qualität kann ich mir zu meinem Budget leisten?“ Die Kunst des Verkaufs liegt in Frankreich darin, den Käufer von einem Produkt bzw. Leistung zu begeistern, damit kein Preis, sondern die geeignete Lösung zum Bedürfnis gekauft wird, auch wenn hierfür das ursprünglich geplante Budget erhöht werden muss.
Kundenbetreuung und -Pflege
Für die Betreuung der Kunden sind einheimische Mitarbeiter oder Geschäftspartner sehr empfehlenswert, denn wer kann besser als ein Franzose mit Franzosen sprechen? Die Person und die persönliche Beziehung sind maßgebend, ob die Kaufentscheidung zum Preis oder zum Produkt bzw. Leistung schwenkt. Der Käufer vergleicht auch mit anderen Produkten und Unternehmen, weshalb der Distributionsweg in Frankreich dem lokalen Wettbewerb ähnlich bzw. vergleichbar sein sollte.
Bei Unternehmens-Geschäftsbeziehungen (B2B) ist das Geschäftsessen in Frankreich ein wesentlicher Bestandteil, um Geschäfte zu generieren und Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Das Essen spielt im Land der Gastronomie eine ganz andere Rolle als in Deutschland. Ja, der deutsche Außendienst lädt seine Kunden nicht oder nur sehr selten zum Geschäftsessen ein. Der französische Außendienst muss seine Kunden zum Geschäftsessen einladen, wenn er erfolgreich sein möchte. Andere Länder, andere Sitten, in Frankreich werden wichtige Entscheidungen auch über den Bauch getroffen.
Durch die Essensaufwendungen entstehen zwar Mehrkosten im Vertrieb, die allerdings durch kleinere Fahrzeuge in Frankreich kompensiert werden können. In der Regel wird in Frankreich im Vergleich zu Deutschland eine geringere Fahrzeugklasse gefahren. Denn der Stellenwert eines Autos ist in Frankreich nicht derselbe als in Deutschland. Ein zu großes Auto kann beim Kunden in Frankreich verkaufsbremsend sein: „Wenn der Außendienstmitarbeiter ein solches Auto fährt, verdient das Unternehmen zu viel Geld“, was den Käufer zur Schlussfolgerung bringt, dass die Preise zu hoch sein müssen bzw. sind.
Kundenerlebnis, Auftragsabwicklung und Kundenservice
Der Außendienstmitarbeiter ist der Kaufauslöser und Begeisterter. Das Produkt bzw. die Leistung wird vom Unternehmen ausgeführt. So ist der Vertriebsmitarbeiter der erste Kontakt beim gesamten Kundenerlebnis-Prozess. Der Kunde erwartet nach dem Kaufabschluss eine Leistung in der Höhe seiner Erwartungen. Das beginnt beim Kundenservice und gilt umso mehr bei Premium-Produkten. Damit die gewonnenen Kunden nach der Bestellung nicht abspringen und nach dem ersten Auftrag viele andere folgen, muss der gesamte Kundenbeziehungsprozess vom Erstkontakt bis zum Kundendienst wie ein roter Faden auf demselben Qualitätsniveau sein. Der Prozessablauf und die Arbeitsschritte feinjustiert mit der optimalen Organisation und zu jedem Zeitpunkt den richtigen Menschen. Damit die Dokumente wie Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Produktbeschreibungen, Gebrauchsanweisungen, etc. in französischer Sprache sind und neben der Auftragsabwicklung (der Inhalt) auf die Kommunikation stets geachtet wird (die Form). Denn die Kunden sind Menschen und in Frankreich wird besonders auf die zwischenmenschlichen Beziehungen Wert gelegt. Die Ansprechpartner sollten auf der gesamten Wertschöpfungskette sprachlich mit dem Kunden kommunizieren, Kundenorientiert eingestellt und handeln können.